„Fürwahr
ein bemerkenswerter Zusammenzug von Menschen, der in Europa nicht
seinesgleichen hat.“ Der französische Journalist Jules Huret bereiste
im Jahre 1906 das Land an Rhein und Ruhr, berichtete darüber in „Le
Figaro“ und später in einem Buch. Er nimmt den Leser mit auf
ausgedehnte Werksbesichtigungen, spricht mit August Thyssen. Und er
stellt fest, „dass man diese Deutschen fast mit einem Arbeitspferd
vergleichen möchte“. Durch Hurets Augen auf das Revier um 1900 zu
blicken, ist spannend. Und wer das Damals mit dem Heute vergleicht,
wird überrascht feststellen: Manches hat sich kaum verändert.
Inhalt:
Vorwort von Dirk Hallenberger
Die Rheinprovinz und Westfalen
Bei Herrn Thyssen
Die Disziplin
Bei Herrn Thyssen (Fortsetzung)
Charakter und Sitten
Ein Konkurrent von Krupp (Herr Ehrhardt)
Das Kapitel vom Magen
Krupp
Das Kapitel vom Geschmack
Krupp (Fortsetzung)
Wohlstand
Gewonnene Eindrücke

Jules Huret (1863–1915) war der erste und lange Zeit einzige prominente
Autor, der – nicht aus Deutschland kommend – über das Land an Rhein und
Ruhr berichtete.
Er beschränkte sich allerdings nicht allein auf dieses Gebiet,
sein Interesse galt dem gesamten Deutschen Reich. „En Allemagne“ hieß
das damals viel gelesene Werk, das zwischen 1907 und 1910 in vier
Bänden und größtenteils als Vorabdruck in „Le Figaro“ erschien. Im
selben Zeitraum wurde es unter dem Titel „In Deutschland“ sogleich ins
Deutsche übertragen. Hurets Tetralogie beginnt nun nicht etwa mit der
Hauptstadt Berlin oder den anderen traditionsreichen Zentren des
Reiches, sondern der erste Band widmet sich überraschenderweise
„Rheinland und Westfalen“ (1907).
Das berühmte Reisebuch von Jules Huret ist heute leider nahezu
vergessen, sodass sich mit der vorliegenden Neuausgabe endlich die
Möglichkeit bietet, nach fast 120 Jahren einen erneuten Blick
auf das einstige und vergangene Revier, dessen
Industrielandschaft und -kultur zu wagen.
Aus dem Vorwort von Dirk Hallenberger

„Der Erdboden scheint in der Tat mit Schornsteinen bepflanzt zu sein;
die Städte ersticken fast im Kohlenrauch: Die geschwärzten Mauern der
Häuser, die von chemischen Bestandteilen vergifteten Flüsse, die man in
diesem Erdenwinkel findet, machen einen durchaus nüchternen und doch
auch wieder imposanten Eindruck und kennzeichnen die Zivilisation des
Landes.
Denkt man hier an das sentimentale, verträumte Deutschland, wie es
abgedroschene Romantiker geschildert haben, muss man unwillkürlich
lächeln. Nein, der Beschauer gewinnt den Eindruck, dass da ein stark
reales Leben herrscht, hineingebracht in solch ruhiger Besonnenheit,
dass man diesen Deutschen fast mit einem Arbeitspferd vergleichen
möchte! Richtet man seine Gedanken einen Augenblick auf diese Ziffern,
so steigt das Bild einer anwachsenden, unaufhaltsam vordringenden Woge
sozusagen körperlich und mit Gewalt vor dem geistigen Auge empor.“
Aus dem Kapitel „Die Rheinprovinz und Westfalen“

Die Ehrhardtsche Flak-Selbstfahrlafette (1906)
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