Helmut Rahn · Mein Hobby: Tore schießen
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Werner Bergmann Helden und Schurken
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Helmut Rahn
Mein Hobby: Tore schießen

Die Autobiografie vom „Boss“

Mit Vor- und Nachwort von Hermann Beckfeld
264 Seiten
| gebunden mit Lesebändchen | | 14,90 €
ISBN 978-3-942094-40-5

Geboren am 16. August 1929 in Altenessen;
1953 Heirat mit Gerti;
1954 Geburt seines Sohnes Uwe;
1956 Geburt seines Sohnes Klaus;
1965 Ende der Fußballerkarriere.
Gestorben am 14. August 2003;
Helmut Rahn ist auf dem Margarethenfriedhof in
Essen-Holsterhausen begraben.
Helmut Rahns Autobiografie "Mein Hobby: Tore schießen" erschien zum ersten Mal 1959.
 


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"Erst Stunden, Tage, ja Wochen später begriffen wir, was wir eigentlich geleistet hatten. Der Außenseiter Deutschland hatte sich in einem weltweiten Turnier an die Spitze vorgearbeitet und dann die derzeit berühmteste Fußballnation, Ungarn, 3 : 2 geschlagen! Bei Bekannten in München hörte ich zum ersten Mal eine Tonbandaufnahme des  Endspiels, hörte ich zum ersten Mal die Schilderung der alles entscheidenden Tore. Während die Stimme des Rundfunksprechers sich vor Begeisterung beinahe überschlug,saß ich still in meinem Sessel. Langsam kullerten mir Tränen die Backen herunter. Ich schämte mich nicht. So war das also gewesen! So dramatisch! So großartig! So überwältigend! Und ich hatte dabeisein dürfen!"


Kapitel 1:
Bern 1959!
Dieselbe Stadt! Dasselbe Land! Dasselbe Stadion!
Dieselben Gefühle?
Nein!
1954 ging es darum, für Deutschland die Weltmeisterschaft zu erobern. Heute, am 4. Oktober 1959, tragen wir ein reguläres Länderspiel gegen die Schweiz aus. Es steht bereits 2 : 0. Siebzig Minuten sind vorüber. Es riecht nach Sieg. Im weiten Viereck des Wankdorf-Stadions ist mir kein Mensch so wichtig wie Fritz Walter, der irgendwo als Zuschauer auf der Tribüne sitzt. Bei jedem Sprint, bei jedem Zweikampf denke ich an ihn. Vor fünf Jahren hat er auf diesem Platz neben mir gestürmt und geschuftet, hat er alle Register seiner unerreichten Fußballkunst gezogen. Wie mag ihm jetzt zumute sein?
Ein Tor, ein Tor müßte ich für ihn schießen!
Ich renne, biete mich an, halte nach einer Chance Ausschau. Sie kommt wie gerufen. »Schorsch« Szymaniak schickt einen seiner schönen weiten Pässe zu Vollmar. Der Saarländer läuft von linksaußen quer ins Feld und schießt aufs Tor. Der von Schlußmann Eisener nur mühsam abgewehrte Ball rollt mir entgegen. Mit mir stürzen sich zwei Schweizer Abwehrspieler auf die Lederkugel. Ganz knapp vor ihnen, etwa auf Strafraumhöhe, erreiche ich den Ball, muß ihn aber nehmen, wie er kommt. Ich erwische ihn weder direkt mit der Spitze, noch voll mit dem Spann. So gut es geht, fetze ich ihn mit gestrecktem Bein in die linke Torecke.
3 : 0! Ein Treffer wie viele andere. Für mich allein ist er mehr. Vor fünf Jahren habe ich auf diesem Platz mein Weltmeisterschaftstor geschossen. Ich ganz allein bin von der Berner Elf noch übriggeblieben. Mit diesem Tor jetzt habe ich bewiesen, daß ich nicht nur auf dem Papier noch da bin.
»Herzlichen Glückwunsch, Boß!« sagt Fritz Walter, den ich nach dem Spiel in der Halle des Hotels »Bellevue« treffe. »Nun hast du altes Haus doch wieder dein Tor geschossen!«
»War in dem Fall Ehrensache.«
»Du bist und bleibst ’ne Rübe!«
»Und du wirst, wie man hört, ein feiner Pinkel – Verkaufsleiter, eigener Wagen, Spesen und so …«
»Kannst du mir ruhig gönnen. Ich hab in dieser Hinsicht noch nie im Fettopf gesessen. Sorgen hab ich genug gehabt.«
»Was hältst du denn von unserem Spiel heute? 4 : 0 hört sich nicht übel an, wie?«
»Ihr habt verdient gewonnen. Aber du wirst zugeben: 1954 haben wir uns ganz anders plagen müssen.«
»Da hatten wir auch einen viel schwereren Gegner.«
»Ein Spiel wie das heute kostet eben doch nicht so viel Nerven. Ich glaub, da hätte ich auch noch mithalten können.«
»Warum hast du aufgehört? Du könntest doch …«
»Nee, laß mal gut sein. Jetzt bin ich wirklich zu alt.«
»Hast du im Stadion auch immer an das Endspiel gegen die Ungarn denken müssen?« frage ich den Fritz.
»Jede Sekunde. Ich hab sogar den Platz gesucht, wo wir uns nach dem Sieg aufgestellt haben, wo Fifa-Präsident Rimet mir den Weltmeisterschaftspokal überreichte …«
»… den jetzt die Brasilianer haben …«
»… den ihr euch 1962 in Chile wieder holen könnt.«
»Ob ich dann noch dabei bin?« frage ich zweifelnd.
»Das liegt bestimmt nur an dir. Herberger nimmt dich garantiert, wenn du in Schuß bist.«
»Glaubst du?«
»Ich kenn’ ihn doch!«
Wir unterhalten uns noch, solange es geht. Nie wieder war seit 1954 das Erlebnis Schweiz für mich so lebendig. [...]


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